Ein PDF-Formular, das offiziell als „barrierefrei“ ausgewiesen war, stellte sich in der Praxis als unbenutzbar heraus, zumindest für einen blinden Nutzer. Das Beispiel zeigt sehr deutlich, dass ein Prüfbericht mit grünem Häkchen noch lange nicht bedeutet, dass digitale Barrierefreiheit wirklich erreicht ist.
Wenn die Technik im Alltag versagt
Der blinde Nutzer wollte das Formular selbstständig ausfüllen, doch stieß dabei schnell auf Hindernisse.
Die Kontrollkästchen im PDF waren zwar sichtbar, aber ihre Eingabefelder und Tooltips wurden vom Screenreader nicht erfasst. Vorgelesen wurde lediglich der Text neben den Kästchen, aber nicht deren eigentliche Funktion.
Die Konsequenz davon war: Der Nutzer wusste nicht, wo er sein Häkchen setzen sollte. Das Formular war damit für ihn schlicht unbrauchbar.
„Alles grün“ und trotzdem nicht nutzbar
Das Problem wurde an die verantwortliche Stelle gemeldet. Als Antwort kam ein freundliches Schreiben, ergänzt mit den Prüfbericht des PAC 2024 (einem gängigen Barrierefreiheits-Checker). Dort stand sinngemäß, dass alles in Ordnung sei, das Dokument erfülle die Anforderungen und sei barrierefrei.
Doch genau hier liegt die Krux. Tools wie PAC prüfen viele technische Kriterien zuverlässig. Aber sie sind keine Garantie dafür, dass Menschen mit Behinderung ein Dokument tatsächlich nutzen können.
Meine eigene Prüfung ergab folgendes:
PAC 2024 meldete tatsächlich ein durchweg grünes Ergebnis und alles schien okay.
Aber ein manueller Test mit Screenreader und Blick in den Strukturbaum zeigte schnell, wo der Schuh drückt und was das eigentliche Problem ist.
Mit etwas Know-how hätte sich die Barriere leicht beheben lassen.
Zusätzlich entdeckte ich noch sieben weitere erhebliche Stolpersteine im PDF, welche das Dokument unbrauchbar machten.
Der wahre Knackpunkt war der Umgang mit Rückmeldungen
Mindestens genauso gravierend wie die technischen Fehler war aber der Umgang mit der Meldung. Statt das Feedback ernst zu nehmen und nachzufragen, bekam der Nutzer schlicht den PAC-Bericht zugeschickt. So nach dem Motto: „Das Tool sagt, alles ist in Ordnung, also liegt das Problem wohl bei dir.“
Für Betroffene ist das frustrierend. Es vermittelt das Gefühl, nicht gehört zu werden und im schlimmsten Fall, selbst das Problem zu sein.
Was wir daraus lernen sollten
Digitale Barrierefreiheit darf nicht auf „bestehen oder durchfallen“ in einem Prüf-Tool reduziert werden. Sie ist mehrdimensional und betrifft immer die tatsächliche Nutzung.
Daraus lassen sich drei zentrale Punkte ableiten:
- Feedback ernst nehmen – Wenn Menschen mit Behinderung auf Barrieren hinweisen, ist das kein „Störfaktor“, sondern wertvoller Input.
- Manuell testen – Automatisierte Prüfungen sind hilfreich, ersetzen aber nie den Test mit einem Screenreader oder anderen Hilfsmitteln.
- Haltung zeigen – Barrierefreiheit ist nicht nur Technik, sondern vor allem Einstellung. Wer Rückmeldungen lapidar abtut, verpasst die Chance auf echte Verbesserung.
Fazit
PAC & Co. sind nützliche Werkzeuge, keine Frage. Aber die wahren Realitätstester sind die Menschen, die mit Barrieren leben müssen. Nur wer ihre Erfahrungen ernst nimmt, wird digitale Angebote schaffen, die wirklich für alle nutzbar sind.
👉 Lasst uns also nicht nur Berichte „grün färben“, sondern echte Barrieren abbauen. 💚